Klima & Energie

Gegenentwurf Gletscherinitiative: Verzicht auf Parole

Veröffentlicht am 12.04.2023 | Aktualisiert am 18.10.2023 | von André Kirchhofer

Am 18. Juni 2023 entscheidet das Schweizer Stimmvolk in einer Referendumsabstimmung über das «Klimaschutzgesetz». Mit der Vorlage, die als Gegenvorschlag zur «Gletscherinitiative» an die Urne kommt, will das Parlament die CO2-Emissionen in der Schweiz bis 2050 auf Netto-Null reduzieren. Auf konkrete Massnahmen wird im «Klimaschutzgesetz» jedoch verzichtet, die konkreten Auswirkungen auf das Strassentransportgewerbe halten sich vorerst in Grenzen. Die ASTAG fasst daher keine Parole für die Abstimmung.

Klimareduktion

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Parlament hat einen Gegenvorschlag zur «Gletscherinitiative» verabschiedet.
  • Das Ziel ist, die CO2-Emissionen der Schweiz bis 2050 auf Null zu reduzieren.
  • Die Vorlage enthält jedoch keine Massnahmen zulasten des Strassentransports.
  • Die ASTAG verzichtet deshalb auf eine Parolenfassung.
Ausgangslage

Das Parlament will die Treibhausgas-Emissionen der Schweiz, d.h. vorab den CO2-Ausstoss, bis 2050 auf Netto-Null reduzieren. Bis 2040 soll eine Senkung um 75 Prozent im Vergleich zu 1990 erreicht werden. Der finanzielle Aufwand für die dazu notwendigen Massnahmen (Ersatz von fossilen Heizungen, Förderung von neuen Technologien) beträgt rund 3,2 Mia. Franken. Grundlage ist ein sogenanntes «Klimaschutzgesetz», das einen indirekten Gegenvorschlag zur «Gletscherinitiative» darstellt; diese wurde am 27. November 2019 eingereicht, getragen von Umweltorganisationen, Wissenschaftern, Kirchen und Teilen der (Land-) Wirtschaft. Das Ziel der Gletscherinitiative ist ebenfalls eine Reduktion der CO2-Emissionen auf Netto-Null. Im Unterschied zum indirekten Gegenvorschlag ist jedoch ein Verbot von Treib- und Brennstoffen enthalten. In der Zwischenzeit wurde die Gletscherinitiative «bedingt» zurückgezogen, d.h. es gibt keine Volksabstimmung, sofern das Klimaschutzgesetz tatsächlich in Kraft tritt. Allerdings hat die SVP inzwischen das Referendum ergriffen: Die Stimmbürger und -bürgerinnen werden deshalb an der Urne entscheiden können, ob sie das Klimaschutzgesetz annehmen oder nicht. Die Abstimmung findet am 18. Juni 2023 statt. Bei einem Nein würde die «Gletscherinitiative» wieder aktiviert, d.h. es käme zu einer weiteren Volksabstimmung.

Unsere Beurteilung

In der Vergangenheit hat die ASTAG allerdings nur eine Parole zu Eidg. Volksabstimmungen gefasst, wenn das Transportgewerbe direkt betroffen war. Beispiele sind der Sanierungstunnel am Gotthard, die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur mit LSVA-Geldern (FinöV) oder die Revision des CO2-Gesetzes inkl. Verteuerung der Treibstoffpreise.

Beim Klimaschutzgesetz gibt es keine direkten Auswirkungenauf den Strassentransport. Konkret müssen folgende Punkte beachtet werden:

  • Die Vorlage enthält primär Ziele (Netto-Null bis 2050) und – im Unterschied zur radikalen Gletscherinitiative – kein Verbot von Treib- und Brennstoffen.
  • Massnahmen, die den Güter- und Personentransport auf der Strasse einschränken würden, sind keine enthalten.
  • Mit der «Klimaresolution», die von der Delegiertenversammlung im Mai 2021 mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde, hat sich die ASTAG schon zu einem früheren Zeitpunkt für das Netto-Null-Ziel ausgesprochen.
  • Eine Ablehnung des Klimageschutzgesetzes wäre somit eine grundlegende Kehrtwende in der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik der ASTAG – verbunden mit einem massiven Verlust an Glaubwürdigkeit und Image.
  • Die erfolgreiche Kampagne «we go green!», die von vielen engagierten Mitglieder getragen wird, müsste per sofort eingestellt werden; die Auswirkungen auf andere politische Dossiers wären enorm (z.B. Weiterentwicklung LSVA).
  • Erste Wirtschaftsverbände (z.B. Swissmem) haben bereits die Ja-Parole beschlossen; die ASTAG würde bei einem Nein ziemlich sicher sehr isoliert dastehen.
     

Die Gegner des Klimaschutzgesetzes führen folgende Argumente an:

  • Die Massnahmen zum Umbau der Energieversorgung in Gebäuden (Heizungen) sind – trotz der Unterstützung des Bundes – enorm teuer; das Referendumskomitee spricht von Kosten in der Höhe von mehreren 100 Mia. Franken.
  • Die Schweiz ist – so die Einschätzung des Referendumskomitees – auch langfristig nicht in der Lage, genügend Strom aus erneuerbaren Quellen zu produzieren. Befürchtet wird eine steigende Abhängigkeit vom Ausland.
  • Das Strassentransportgewerbe ist durch die Notwendigkeit, Heizungen in Firmengebäuden langfristig ersetzen zu müssen, indirekt betroffen. Es muss mit Kosten gerechnet werden, die ohne Klimaschutzgesetz (vielleicht) nicht entstehen würden.
Unsere Position

Der Gegenvorschlag zu Gletscherinitiative beschränkt sich auf Zielsetzungen. In der Vorlage sind keine Verbote und Massnahmen enthalten, die das Transportgewerbe direkt betreffen. Konkrete Instrumente und Massnahmen mit Auswirkungen auf die Branche müssten in einem weiteren Gesetz zusätzlich beschlossen werden. Die ASTAG verzichtet deshalb auf eine Parolenfassung.